PB035: Politische Bildung in alternativen Realitäten

Foto „Annette Ullrich und Dirk Springenberg“ von Tessa Moje unter <a title="Lizenztext" href="http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/">CC BY 3.0 DE</a>
Foto „Annette Ullrich und Dirk Springenberg“ von Tessa Moje unter CC BY 3.0 DE.

#pb21-Podcast über Live Action Role Plays und Alternate Reality Games

Politische Bildung durch Spielen? Annette Ullrich und Dirk Springenberg entwickeln ein Mini-LARP für ihre politische Bildungsarbeit mit Jugendlichen. Warum Spielen bildet und was eigentlich LARPs + ARGs sind klären die beiden im Gespräch mit Jöran Muuß-Merholz.

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Mini-LARP Fortbildung
Am 23.4.2014 bietet die Projektgruppe „Globalisierung und Medienkommunikation“ des Arbeitskreises deutscher Bildungsstätten (AdB) in Kooperation mit dem Waldritter e.V. eine Fortbildung zum Einsatz von Mini-LARPs für Multiplikator/innen an. Weitere Informationen erhält der Flyer zur Forbildung.

LARPs und ARGs als emotionalen Einstieg in ein Thema nutzen Annette Ullrich und Dirk Springenberg in ihrer politischen Arbeit mit Jugendlichen. Die Jugendbildungsreferentin der Stiftung Wannseeforum erklärt diese zunächst seltsam anmutende Herangehensweise so: „Spielen ist ein Ansatz, Menschen dafür zu begeistern sich mit einem Thema auseinanderzusetzen.“ Sie selbst hat LARPs und ARGs über den Sozialpädagogen der Bildungsstätte Alte Schule Anspach und ehrenamtlichen Vorstand des Waldritter e.V. Dirk Springenberg kennen gelernt. In seiner erlebnispädagogischen Arbeit bei den Waldrittern hat Dirk Springenberg schon länger Erfahrung mit Spielen in der Bildungsarbeit. Gemeinsam mit weiteren Bildungsreferenten sind die Beiden in einem bundesweiten Projekt zur Zeit dabei ein so genanntes Mini-LARP für die politische Bildungsarbeit mit Jugendlichen zu entwickeln.

Ein LARP ist ein Live Action Role Play. Solche Liverollenspiele sind als Hobby von Erwachsenen verbreitet. In Deutschland haben LARPs oft einen Fantasyhintergund. Die Teilnehmer treffen sich zum Beispiel in einem Wald, übernehmen für die Zeit des Spiels die Rolle einer Fantasiefigur und spielen eine Geschichte, deren Grundzüge von den Spielorganisatoren initiiert wird. LARPs unterschieden sich hinsichtlich ihrer Größe, Dauer und inhaltlichen Ausrichtung. Mit über 8000 Teilnehmern ist „Conquest of Mythodea“ ein besonders großes Liverollenspiel, inhaltlich außergewöhnlich ist beispielsweise das dänische „Delirium“, bei dem es um Liebe und Wahnsinn geht.

Im Gegensatz zu LARPs übernehmen die Teilnehmer in ARGs, Alternate Reality Games, keine Rolle, sondern spielen sich selbst in einer veränderten Lebensumgebung, der alternate reality, die teilweise auch von Schauspielern mitgestaltet wird. Die Teilnehmer erhalten Aufgaben und Hinweise sowohl in der „echten“ Welt, als auch im Internet, folgen diesen, lösen Kriminalfälle und begeben sich auf ein Abenteuer, in dem die Grenzen zwischen Spiel und Realität oftmals verwischen. Es kann sogar vorkommen, dass für die Spieler nicht deutlich wird, dass sie Teil eines Spiels sind.

Diese Art des intensiven Spielens ist beim Einsatz von LARPs und ARGs in der Jugendarbeit so nicht möglich. Dennoch sind Annette Ullrich und Dirk Springenberg von Spielen in der politischen Bildung überzeugt: Spiele machen Spaß, aktivieren und motivieren dazu, sich über das Erleben von Inhalten mit diesen auseinander zu setzen. Mit Blick auf die Komplexität der Themen in der politischen Bildungsarbeit entstehen durch LARPs und ARGs Möglichkeiten Emotionen einzubeziehen. Es wird nicht mehr nur über Inhalte diskutiert, sondern bestimmte Perspektiven können auch erlebbar gemacht werden. Dennoch macht Dirk Springenberg auch deutlich: „Spiele sind nicht von sich aus Bildung, sondern sie werden zu Bildung, indem wir die ganzen Fäden, die wir im Spiel offen legen, im Anschluss zu Bildungsprozessen zusammenweben. Und das passiert dann in der Reflexion im anschließenden Seminar.“

Erfahrungen mit LARPs und ARGs in der Bildungsarbeit hat insbesondere Dirk Springenberg schon zahlreiche gesammelt. „Drei ??? und die Wende“ war ein ARG für Familien. Weitere ARGs sind im Projekt Prometheus entstanden. Die Rechtsextremismusprävention unterstützt das Spiel „Die Bewegung“. Das Mini-LARP „Die Mauer“ macht Situationen an der deutsch-deutschen Grenze erfahrbar.

Mini-LARP ist auch das Stichwort für das aktuelle Projekt von Annette Ullrich und Dirk Springenberg. Während LARPs in der Regel sehr umfangreich in Dauer und Durchführung sind, ist die Projektgruppe „Globalisierung und Medienkommunikation“ dabei, ein für die Bildungsarbeit „handhabbares“ LARP-Format zu entwickeln. Unter dem Titel „2048 – Datenwelten“ entwickelt die Gruppe ein Mini-LARP zum Umgang mit Daten im Handlungsspielraum Internet, das sich in verschiedensten Bildungsstätten umsetzen lässt. Ein erster Probedurchlauf soll noch 2014 stattfinden.

Als Pioniere beim Einsatz von LARPs im Kontext der Bildungsarbeit bietet die Projektgruppe im April 2014 ein Workshop zur Fortbildung zum Einsatz von Mini-LARPs an und Annette Ullrich empfiehlt: „Ausprobieren! Selber mal mitmachen. Nur das, was man mitgemacht hat, überzeugt einen.“


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Tessa hat im August 2013 ihr Lehramtsstudium mit den Unterrichtsfächern Mathematik und Sport an der Universität Hamburg abgeschlossen. Sie hat sich während des Studiums insbesondere mit alternativen Formen von Schule und Lernen auseinandergesetzt. Die Verbindung von Lernen und Digital gehörte zu ihren liebsten Themen, was im Experiment gipfelte, das Studium papierfrei und iPad-zentriert abzuschließen. Tessa beschäftigt sich nun ohne Uni und Schule weiter mit diesen Themen.