Webschau Januar 2012

Grafik „Webschau“ von Ralf Appelt für pb21.de unter CC BY 3.0 DE.
Grafik „Webschau“ von Ralf Appelt für pb21.de unter CC BY 3.0 DE.

Der Bundespräsident und die Medien, Googles neue Suche und die wieder aufgelebte Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung, das sind die Themen im Januar. Außerdem in dieser Webschau: Ein netzpolitischer Rückblick auf 2011 und: ein Brotkasten mit 64 Kilobyte Arbeitsspeicher hat Geburtstag.

Lesetipp: Google und die personalisierte Suche

Google hat zu Jahresbeginn eine neue Funktion vorgestellt: Das persönliche, auch das nicht öffentliche Netz wird bei der Suche mit berücksichtigt. Soziales Netzwerken und Internetrecherche werden so zusammengelegt – wenn die Nutzerinnen und Nutzer das möchten. In dem Überblicksbeitrag „Google sucht personalisiert“ auf wissen.dradio.de wird auf Seiten verwiesen, die die neuen Funktionen erklären und einordnen: Google soll die Ergebnisse aus dem eigenen Netz bevorzugen, es wird ein Ausbau der Monopolstellung befürchtet. Andere Stimmen sorgen sich eher darum, dass die neue Suche den Trend befördern könnte, nur noch auf Ergebnisse zu stoßen, die einem ohnehin gefallen, sich also in den immer gleichen (Meinungs-)Räumen zu bewegen.
#google


Kurzmeldungen

Internet, geh vorüber

In einem Rückblick auf politik-digital.de wird das vergangene Jahr netzpolitisch so zusammengefasst: „2011 hat uns einmal mehr auf vielfältige Weise gezeigt, dass das Internet seit langem viel mehr als ein Medium zur Freizeitbeschäftigung ist. Auf der ganzen Welt spielten sich Ereignisse ab, für die die Macht des Internet, positiv wie negativ, genutzt wurde. In Deutschland fühlt sich jedoch kein führender Politiker für das Thema zuständig.“ Vielen fehle „die Würdigung von Netzpolitik als Querschnittsthema und die Anerkennung dafür, dass das Internet kein vorübergehendes Phänomen ist, das lediglich die junge Generation betrifft.“
#netzpolitik #2011

Thilo Weichert über den Kampf gegen Facebook

„Die Übertölpelung der Nutzer“, so ist das Interview mit Schleswig-Holsteins oberstem Datenschützer in der taz überschrieben. Zu dem im vergangenen Jahr begonnenen Streit um den Umgang mit Facebook und dem „Gefällt-mir“-Button sagt Weichert: „Ich muss am Ende gar nicht gewinnen, aber wir müssen einen Prozess in Gang setzen, der eine rationale und rechtlich korrekte Auseinandersetzung mit sich bringt und zu politisch akzeptablen, demokratisch legitimierten und gesellschaftlich akzeptablen Lösungen führt.“
#weichert #uld #facebook

Protest im Netz

Die Computerwoche zitiert Constanze Kurz: „Ich denke schon, dass 2011 in gewisser Weise das Jahr der Hacker war“, sagt die Sprecherin des Chaos Computer Clubs (CCC). „Die Demonstrationen, die wir im realen Raum von der Straße kennen, haben sich jetzt ins Netz übertragen – auch mit neuen Dimensionen vom Umfang her“.
Zum zwiespältigen Verhältnis des CCC zu Anonymus sagt Kurz im Gespräch mit golem.de: Die „Einordnung des Phänomens bleibt natürlich schwer“ . Es gebe im CCC durchaus Sympathie mit der politischen Ausrichtung von Anonymous, „gerade wenn man so an diese digitalen Sitzblockaden denkt, die aus meiner Sicht eine Form des politischen Protests im Netz sind“.
#protest

Angst essen Freiheit auf

Zur wieder entfachten Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung sagt Sascha Lobo auf spiegel.de, dass das Gefühl der Angst in der medialen Diskussion zu wenig Beachtung findet: „Denn die Vorratsdatenspeicherung hat mit voller Absicht zwei Wirkungsbereiche. Der eine ist die Aufklärung von Verbrechen. Der andere ist die Erhöhung des Drucks auf jeden einzelnen Internetnutzer, ohne jeden Verdacht.“ Und: „Wer die bürgerrechtliche Dimension der Vorratsdatenspeicherung wirklich versteht, muss dagegen aufbegehren.“
#vorratsdatenspeicherung

Nazi-Leaks

Anfang Januar „haben Unbekannte ein Internetportal in Betrieb genommen, auf dem Daten mutmaßlicher Unterstützer der rechten Szene zu finden sind: Namen, Adressen, Telefonnummern. Auf der Internetseite sind auch angebliche Spenderlisten der NPD und Kundenlisten einschlägiger Versandhändler abrufbar.“ schreibt spiegel.de. Die ungeprüften Veröffentlichungen persönlicher Informationen wurde u.a. vom „Netz gegen Nazis“ scharf kritisiert, trotzdem wollen Anonymous-Anhänger auch künftig mutmaßliche NPD-Unterstützer outen.
#nazileaks

30 Jahre Commodore 64

Zum Geburtstag schreibt focus.de: „Das klobige Gehäuse erinnerte an einen Brotkasten, im Inneren taten ein Prozessor mit 0,985 Megahertz und 64 Kilobyte Arbeitsspeicher gemütlich ihren Dienst. Vor 30 Jahren stellte Commodore den Heimrechner vor, der dann als meistverkaufter Computer der Welt in die Technikgeschichte einging. Er verhalf dem PC zum Durchbruch.“ Auf stern.de findet sich eine Zusammenstellung legendärer C64-Spiele.
#c64


Debatte: Der Bundespräsident und die Medien

Der Journalist Richard Gutjahr schreibt unter dem Titel Politiker und Journalisten: Freunde, die einander verdienen: „Das Internet verändert die Spielregeln, und zwar grundlegend. Nicht nur, dass sich die Geschwindigkeit erhöht, mit der sich Informationen verbreiten. Das Netz rüttelt an den Grundfesten von Parteizentralen und Redaktionen, auf die sich beide Seiten bislang verlassen konnten. Absprachen, gegenseitige Abhängigkeiten, sanfte oder auch mal weniger sanfte Erpressung, das alles funktioniert in einer vernetzten Welt so nicht mehr. Blogger haben keinen Verleger, den man unter Druck setzen könnte. Eine über Twitter ausgeplauderte Indiskretion lässt sich nicht wieder einfangen. Die fein austarierte Machtbalance zwischen Politikern und Journalisten gerät aus den Fugen.“ Der Konflikt zwischen der „Bild“ und dem Bundespräsidenten sei „in Wahrheit ein Kampf zwischen Massenmedien und Politikern um die Gunst jener neuen, nicht länger nur zum Schweigen verdammten Öffentlichkeit.“

In der Berliner Gazette kommentiert Alexander Krex: „Immer deutlicher wird, dass der Fall Christian Wulff vor allem für die Massenmedien relevant ist. Dabei geht es um die Vorherrschaft in der Aufmerksamkeitsökonomie und um die Frage, wer in Deutschland die Rolle des Super-Leitmediums spielen darf.[…] Wenn es stimmt, dass die Medien die vierte Gewalt sind und das Internet die fünfte Gewalt ist, dann ist die BILD die sechste. Schon morgen könnte Deutschland ein Land sein, dessen höchster Repräsentant von einer Boulevardzeitung gestürzt wurde.“
#wulff #medien


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Der Artikel (Text) auf dieser Seite steht unter der CC BY 3.0 DE Lizenz. Der Name des Autors soll wie folgt genannt werden: Ute Demuth für pb21.de.
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... interessiert sich dafür, wie sich die wandelnde Mediennutzung und Kultur, Gesellschaft und Politik gegenseitig beeinflussen. Seit Ende der 90er ist sie als Freiberuflerin in der politischen Erwachsenenbildung unterwegs und arbeitet zum Beispiel für das Forum Politische Bildung des DGB Bildungswerks. Außerdem schult und berät sie Betriebs- und Personalräte zum Thema Öffentlichkeitsarbeit und zum Einsatz elektronischer Medien. Sie veröffentlicht regelmäßig zu ihren Themen.