Webschau Mai 2012

Grafik „Webschau“ von Ralf Appelt für pb21.de unter CC BY 3.0 DE.
Grafik „Webschau“ von Ralf Appelt für pb21.de unter CC BY 3.0 DE.

Auch die Webschau widmet sich im Mai dem Schwerpunkt Partizipation. Es gibt eine kleine re:publica-Nachlese unter diesem Aspekt, das „offene Parlament“ und eine kritische Betrachtung der digitalen Bürgerbeteiligung auf europäischer Ebene. Als Gegenpol zu den Forderungen nach mehr Beteiliungsmöglichkeiten über das Netz fordert Laszlo Trankovits zum „Weniger Demokratie wagen“ auf.

Lesetipp: re:publica-Dokumentation

Wir möchten hier gleich mehrere Artikel des Netzdebatten-Blogs der bpb empfehlen. Sie berichten von den unterschiedlichen Panels der re:publica, die vom 02. bis 04.05.2012 in Berlin stattfand. In Fürchtet euch nicht! Mehr Digitale Demokratie wagen? wird ein Panel zusammengefasst, in dem die Frage nach dem „Gespenst“ der digitalen Demokratie gestellt wurde (vor dem sich kein Politiker fürchten muss, um es mal vorweg zu nehmen). Wie Beteiligung gelingen kann und nicht nur Alibi-Funktion hat, dafür hat Jürgen Ertelt ein paar Tipps.
Und: Wie wir davon wegkommen, dass wir „alle paar Jahre eine Per­son wäh­len, die uns dann in allen Belan­gen ver­tritt“, fragt sich Daniel Rei­chert in einem 1 1/2 minütigen Interview, in dem er Liquid Democracy erklärt.
#rp12 #netzdebatte #bpb


Kurzmeldungen

Politik auf Bürgersuche

Über „Wutbürger an der digitalen Leine“ schreibt Constanze Kurz auf faz.de: „Effektiver Interessenausgleich in einer zunehmend interessendivergenten Gesellschaft erfordert – auch wenn es schwerfällt – einen echten Willen zu Transparenz und Beteiligung. Ein souveräner Umgang mit den ‚Wutbürgern‘ ist sicher nicht immer einfach. Doch gelingt er, besteht die Chance, etwas zurückzuerobern, was im Verhältnis von Bürger und Staat verlorengegangen scheint: gegenseitiges Vertrauen.“
#wutbuerger #transparenz #beteiligung #vertrauen

Was passiert im Bundestag?

Auf hyperland.de schreibt Christiane Schulzki-Haddouti über die Seite offenesparlament.de: Seit gut einem Jahr gibt sie, die – im Gegensatz zum Webauftritt des Bundestags – beispielsweise auf einen Blick erkennen lässt, welche Partei zu einem Thema was gesagt hat. Ein Angebot, das man ausbauen sollte und das mehr Unterstützung durch die Verwaltungen verdienen würde, so die Autorin.
#offenesparlament #bundestag

Das BMI lädt zu Online-Konsultationen

Auf e-demokratie.org wird berichtet, dass das Bundesministerium des Inneren vom 05.06. bis 22.06.12 zu so genannten e-konsultationen einlädt. Gegenstand soll das Eckpunktepapier für „Offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln“ (Open Government) des IT-Planungsrates sein. So sollen vor der endgültigen Beschlussfassung interessierte Bürgerinnen und Bürger einbezogen werden.
#ekonsultation #bmi

Von eDemocracy keine Spur

„Digitale Bürgerbeteiligung ist auf europäischer Ebene nahezu unmöglich!“ meinen die Autorinnen eines Beitrags auf Diskurs Deutschlandfunk Diskurs. So gebe es beispielsweise dort, anders als auf nationaler Ebene, keine ePetitionen. Dies sei „eines von vielen Hindernissen auf dem Weg hin zu einer europäischen Zivilgesellschaft, in der die Herauforderungen der Gegenwart und der Zukunft in öffentlichen Diskursen erörtert werden, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln.“
#europa #edemocracy

Wie das Internet Unterdrückern hilft

Über unterschiedliche Formen, das Netz zu überwachen und zu kontrollieren, berichtet spiegel.de: Wer sich am Austausch von Ideen im Netz beteiligt oder Protest organisiert, hinterlässt Spuren. In totalitären Regimen kann das für die Einzelnen fatale Folgen haben. Die Geschehnisse in Nordafrika im vergangenen Jahr hätten deutlich gemacht, dass komplexe Überwachungssysteme eingesetzt würden, die oft aus der westlichen Welt stammten.
#kontrolle # ueberwachung #zensur

Einklagbares Recht auf schnelle Internetverbindungen

Die Beteiligung an politischen Entscheidungenprozessen im Netz funktioniert nur, wenn es auch einen geeigneten Zugang gibt. Die Strategie, beim Ausbau des Breitband-Netzes allein auf private Anbieter zu setzen, sei gescheitert. Auf heise.de ist zu lesen, dass die SPD ein Recht auf Internet-Zugang fordert, es soll im Telekommunikationsgesetz festgeschrieben werden.
#breitband #spd

Liquid Feedback und die Würstchenwender

„In Berlin fand ein Thementag zur ‚technischen Seele‘ der Piratenpartei statt, was aber auf erstaunlich geringes Interesse stieß“, berichtet telepolis.de. Im Artikel wird das Instrument kritisch betrachtet, so sei beispielsweise die Delegation von Stimmen ein Problem: Es würde nach sozialer Kompetenz entschieden, nicht nach fachlicher. Das bevorzuge die, die jede/r kennt, zum Beispiel die, die beim Sommerfest am Grill stehen – die Würstchenwender.
#piraten #liquidfeedback


Debatte: Mehr Beteiligung trägt nicht zur Problemlösung bei

In einem Interview zu seinem im letzten Jahr erschienenen Buch „Weniger Demokratie wagen“ sagt Laszlo Trankovits: Die Menschen glaubten, „wenn sie nur mehr mitbestimmen könnten, würde das die Probleme lösen. Oder zumindest würde mit ‚mehr Demokratie‘ die Akzeptanz der Politik zunehmen.“ Das sei ein Irrweg, „ein Placebo für viele Krisenphänomene der modernen Gesellschaft, die sich derzeit in einem großen Umbruch befindet. Ich weiß nicht, ob Rechte oder Linke, Konservative, Liberale oder Grüne die richtigen Antworten haben. Aber ich bin mir sicher, dass sie, einmal gewählt, in Ruhe das Recht haben müssen, ihre Konzepte umzusetzen. Das ist der Kern repräsentativer Demokratie.“
Der Ruf nach „mehr Demokratie“ sei „eine populistische Forderung geworden. Dabei ist sie ein Paradox: Viele, die das fordern, wollen eigentlich weniger Demokratie, auch wenn sie sich das nicht eingestehen. Aber die politischen Aktivisten wissen, dass bei Volksentscheiden meist nur eine Minderheit abstimmt. Die Stimme des politisch engagierten Bürgers wird aufgewertet. Bei allem Respekt, ich sehe darin letztendlich nicht mehr, sondern weniger Demokratie.“
Laszlo Trankovits war auch Podiumsgast auf den Bundeskongress „Zeitalter der Partizipation“.
#trankovits #demokratie


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Der Artikel (Text) auf dieser Seite steht unter der CC BY 3.0 DE Lizenz. Der Name des Autors soll wie folgt genannt werden: Ute Demuth für pb21.de.
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... interessiert sich dafür, wie sich die wandelnde Mediennutzung und Kultur, Gesellschaft und Politik gegenseitig beeinflussen. Seit Ende der 90er ist sie als Freiberuflerin in der politischen Erwachsenenbildung unterwegs und arbeitet zum Beispiel für das Forum Politische Bildung des DGB Bildungswerks. Außerdem schult und berät sie Betriebs- und Personalräte zum Thema Öffentlichkeitsarbeit und zum Einsatz elektronischer Medien. Sie veröffentlicht regelmäßig zu ihren Themen.