Damit auch einer kommt: Marketing für Social Media-Aktivitäten

Screenshot (fällt nicht unter eine freie Lizenz).
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Marketing im Web 2.0 – Teil 3

Hilfe! Wir machen (mit großem Aufwand) Social Media und keiner merkt’s

Das Konzept steht, die Aktiven haben tolle Ideen für Inhalte, die Anzahl der Tweets und Statusmeldungen lässt sich wirklich sehen – aber die Leser bleiben aus und die „Gefällt mir“-Anzeige klettert nur sehr mühsam Nutzer um Nutzer weiter. Auch Social Media-Aktivitäten sind im vor Informationen schier platzendenden Internet kein Selbstläufer und müssen aktiv beworben werden. Praxistipps liefert der dritte Teil unserer Reihe über Web 2.0.

Wie auch klassische Internet-Seiten müssen sich Social Media-Aktivitäten erst mal etablieren und in der Zielgruppe bekannt werden. Gerade wenn ein Anbieter keinen großen Namen hat und nur einem kleineren Kreis bekannt ist, kann es Zeit brauchen, bis der Social Media-Auftritt so angenommen wird, wie man sich das bei der Formulierung der Ziele vorgestellt hat. Aber es lohnt sich, einen langen Atem zu haben. Außerdem darf und soll Social Media auch Spaß machen: Die Formate sind freier, die Inhalte sind oft aktueller, spontaner und was Humor und Ironie angeht, ist da mehr erlaubt, als man sonst darf. So können Social Media-Aktivitäten auch als angenehme Abwechslung zum Öffentlichkeitsarbeiter-Alltag verstanden werden, bei denen man mal nicht nach jeder Aussendung die abgedruckten Zeilen zählen muss. Trotzdem ist die Reaktion in der Zielgruppe wichtig und während es im vierten Teil um die Erfolgsmessung geht, wollen wir hier Praxistipps zum Bekanntmachen des Social Media-Auftritts geben.

Wir unterscheiden drei Arten von Maßnahmen:

  • Maßnahmen, die sich an die Mitglieder der eigenen Organisation im weitesten Sinne richten, z.B. Mitarbeiter, Dozenten, Kooperationspartner,
  • Maßnahmen, die sich an bestehende Zielgruppen richten, z.B. Teilnehmer und Interessenten,
  • Maßnahmen, die sich an neue Zielgruppen richten, z.B. junge Erwachsene, die bisher mit Marketing-Instrumenten nicht erreicht wurden.

Die erste Gruppe, praktisch die eigenen Leute, dienen mit ihren Aktivitäten und Kontakten als Hebel, um neue Gruppen zu erreichen. Deswegen kann es sinnvoll sein, Social Media auch als internes Kommunikationsinstrument einzusetzen. Dann sind alle damit vertraut, verteilen auch die Inhalte der Organisation weiter und sind damit auch als Botschafter unterwegs.

Wir fangen bei den eigenen Leuten an

Die Social Media-Aktivitäten werden zunächst im engeren Umfeld der Organisation bekannt gemacht. Über die dort üblichen Kommunikationskanäle wird auf darauf aufmerksam gemacht, es wird um aktive Teilnahme gebeten (z.B. Gefällt mir-Angaben bei Facebook, Following bei Twitter), es wird über das Konzept und die Zielsetzung informiert und um Anregungen und Verbesserungsvorschläge gebeten. Bei Social Media-Aktivitäten ist wie bei allen Instrumenten der Öffentlichkeitsarbeit eine ständige Rückkopplung zur Weiterentwicklung wichtig. Es kann sinnvoll sein, z.B. bei Facebook eine eigene Gruppe für die internen Zielgruppen zu eröffnen, um den ständigen Informationsaustausch zu diesen Themen zu ermöglichen.
Wie auch bei Internet-Seiten gilt bei Social Media: Die internen Zielgruppen sind sehr wichtig, sie sollen motiviert werden, die Inhalte auch unter ihrem Namen weiterzutragen. Dazu sollen sie aber nicht verdonnert werden, sondern die Inhalte und der Auftritt der Organisation sollen so attraktiv sein, dass sie das von sich aus tun. So sollen Dozenten der Organisation beispielsweise ihre eigenen Veranstaltungen via Social Media ankündigen und begleiten. Ignorieren die internen Zielgruppen die Social Media-Aktivitäten, ist dieses Problem zuerst zu lösen, indem die Ursachen dafür herausgefunden und entsprechend angegangen werden.

Verknüpfung mit Offline-Aktivitäten

Die Verbindung der Social Media-Aktivitäten mit der realen Welt ist eine der wichtigsten Punkte beim Bekanntmachen. Das fängt bei ganz einfachen Sachen wie Print-Versendungen an, auf denen die Social Media-Aktivitäten prominent platziert sein sollen: „Besuchen Sie uns auf Facebook …“, „Folgen Sie uns auf Twitter unter …“ oder „Die neuesten … erfahren Sie immer über …“. Wenn man das konsequent einhält, werden immer mehr Leute darauf aufmerksam und motiviert, die entsprechenden Seiten aufzusuchen. Dazu kommt die Darstellung der Twitter-Feeds auf den eigenen Internet-Seiten und natürlich auch dort die überall präsenten Hinweise auf die Social Media-Aktivitäten.

Sehr effektiv sind auch nach wie vor dynamische E-Mail-Signaturen, die wirklich unter jede E-Mail der Organisation gehören (von jedem hauptamtlich oder ehrenamtlich Aktiven). Unter den Kontaktdaten sollte in einer Zeile mit wechselndem Text auf die Social Media-Aktvitäten hingewiesen werden. Beispiele: „Wir fragen Sie diese Woche bei Facebook: …“ oder „Über Twitter halten wir Sie ständig über … auf dem Laufenden“ oder „Die Veranstaltungsberichte finden Sie auch auf unserer Facebook-Seite …“ oder „Die besten Zitate zum Thema … lesen Sie auf …“. Diese dynamischen Signaturen sollten etwa alle zwei Wochen gewechselt werden. Das hat aber innerhalb des Marketing-Konzeptes keine hohe Priorität, diese Texte können auch länger verwendet werden.

Veranstaltungen gehören ins soziale Netz – alle

Ein weiterer wichtiger Ausgangspunkt für Marketing-Aktivitäten sind Präsenzveranstaltungen der Organisation, auch wenn sie sich nicht an die Öffentlichkeit richten, sondern nur an eine spezielle Gruppe.

Wird oft weiterverbreitet: Tweets von Veranstaltungen sind mit Foto besonders attraktiv. Screenshot (fällt nicht unter eine freie Lizenz).
Wird oft weiterverbreitet: Tweets von Veranstaltungen sind mit Foto besonders attraktiv. Screenshot (fällt nicht unter eine freie Lizenz).

So können Veranstaltungen für Social Media-Aktivitäten genutzt werden:

  • Ankündigung und ggf. Einladung (wenn die Zielgruppe der Social Media-Aktivitäten mit der Zielgruppe der Veranstaltung übereinstimmt).
  • Begleitung und Dokumentation der Veranstaltung: Dafür gibt es sehr viele verschiedene Möglichkeiten, die zur Veranstaltung passen müssen. Soll das Event sehr breit bekannt gemacht werden, bietet sich beispielsweise ein Live-Streaming an (Google Hangout o.ä.) oder ein Live-Ticker via Twitter, bei dem in sehr schneller Folge über die Geschehnisse des Events berichtet wird. Ebenso möglich sind natürlich mit Fotos unterstützte Zwischen- und Abschlussberichte.
    Soll die Veranstaltung zeitnah im Internet begleitet werden, sollte das schon in der Einladung angekündigt werden, um diejenigen, die nicht teilnehmen können, miteinzubeziehen. Besonders gut ist es natürlich, wenn die Nutzer aus dem Internet Einfluss auf die Veranstaltung nehmen können, indem beispielsweise Fragen an Vortragende gestellt werden können.
  • Teilnehmer zum Bekanntmachen der Veranstaltung motivieren: Je nach Zielgruppe haben die Teilnehmer vor Ort auch Freude daran, das Event direkt über Social Media-Kanäle weiterzuverbreiten. Das muss der Veranstalter fördern. Auf jeden Fall sollte der Twitter-Account und der Hashtag der Veranstaltung deutlich sichtbar kommuniziert werden (der Hashtag muss natürlich vorher auf eventuelle Namensgleichheit mit Konkurrenzthemen überprüft werden). Der Veranstalter sollte auf den verschiedenen Plattformen Fotos und Videos zum Teilen zur Verfügung stellen und das auch auf der Veranstaltung bekannt machen. Es sollte überprüft werden, ob Instrumente wie eine eigene Facebook-Seite für die Veranstaltung oder eine Twitterwall sinnvoll sind.

Alle diese Maßnahmen sind auf den Charakter der Veransstaltung abzustimmen: So werden beispielsweise Teilnehmer eines Fertigkeitsseminars wie eines Rhetoriktrainings Vertraulichkeit erwarten und keine internetweite Berichterstattung. Völlig anders verhält es sich dagegen bei einem Kongress oder einer Vortragsveranstaltung, wo man gerade mehr als nur die Anwesenden erreichen möchte. Berücksichtigt man aber den Charakter der Veranstaltung kann man – und sollte auch – jede für Social Media-Aktivitäten nutzen.

Vernetzung der verschieden Online-Aktivitäten

Da gibt es vielleicht ein Blog, eine Aktuell-Seite, ein Forum, Partnerseiten, einen Newsletter, einen Veranstaltungskalender und noch so vieles mehr sammelt sich im Laufe der Online-Jahre in einer Organisation an. In Ihren Social Media-Aktivitäten führen Sie diese Bereiche wieder zusammen, indem Sie auf die Neuigkeiten in den einzelnen Bereichen regelmäßig hinweisen. So machen Sie die Social-Media-Nutzer aufmerksam auf eine interessante Forums-Diskussion, ein besonders gutes Dokument zu einem bestimmten Thema oder einen starken Blog-Beitrag.

Selbst aktiv sein

Das soziale Netz besteht aus Menschen, die aktiv sind. So wird eine Organisation oder ein Anbieter nur dann wahrgenommen, wenn eine Reaktion da ist, ein Austausch mit den Nutzern möglich ist. Der persönliche Aspekt muss zum Ausdruck kommen. Selbstverständlich ist, dass Nutzeranfragen zügig beantwortet und Diskussionen moderiert werden. Aber darüber hinaus können virtuelle und reale Personen selbst im sozialen Netz aktiv sein und somit für die Organisation entsprechend werben.

Beispiele:

  • Diese Person gibt es gar nicht: Hier twittert die Hauptfigur einer Serie - und es funktioniert. Screenshot (fällt nicht unter eine freie Lizenz).
    Diese Person gibt es gar nicht: Hier twittert die Hauptfigur einer Serie – und es funktioniert. Screenshot (fällt nicht unter eine freie Lizenz).

    Das ZDF wirbt für seine Krimiserie Vince Flemming unter anderem mit einem Twitter-Account, auf dem die Hauptfigur der Serie live aus seinem fiktiven Leben berichtet und sich mit Nutzern darüber austauscht, indem er beispielsweise fragt, wie sie in einer bestimmten Situation reagiert hätten. So entwickelte sich rund um diesen Account eine kleine Community, deren Motor die Hauptfigur der Serie war, die selber interagierte. Hier wurde nicht nur über die Serie diskutiert, sondern der Nutzer konnte Teil der Geschichte werden (auch wenn es keine Rückkopplung in die Serie gab).

  • Bekannte Personen der Organisation können als Diskussionspartner oder Experte zur Verfügung stehen. So treten bei Parteien immer mal wieder Spitzenpolitiker in Chats auf, um der Organisation ein Gesicht zu geben. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass es sich um eine sehr bekannte Person oder ein Thema mit einem hohen Nutzwert handelt, das auch einige Leute anzieht. Es muss eben etwas Besonderes sein.
  • „Das Dr. Sommer-Team“: Es wird eine Anlaufstelle für einen eng umrissenen Themenbereich geschaffen und es gibt ein Beratungs-Team, das Auskunft erteilt. Dieses Team wird vorgestellt und ist somit auch persönlich ansprechbar.
  • Aktive des Social-Media-Teams der Organisation beteiligen sich als Personen mit eindeutigem Bezug zur Organisation an Diskussionen im sozialen Netz: Diese sehr effiziente Form des Marketings wird oft im politischen Kontext genutzt, aber auch bei Medienunternehmen. Das Ziel ist, dass diese Personen wie normale Nutzer auftreten und agieren, aber trotzdem für die Organisation stehen. Das hat den Vorteil, dass sie sich in der Regel deutlicher inhaltlich positionieren können und dass sie durch die aktive Teilnahme an Diskussionen eine breitere Bekanntheit erreichen können und ganz neue Zielgruppen anziehen können.
    Dieses Instrument sollte wegen der großen Erfolgsaussichten innerhalb jedes Social Media-Konzeptes zumindest geprüft werden.
  • Je nach Zielgruppe kann es sinnvoll sein, eigene Gruppen in den sozialen Netzwerken zu gründen und inhaltlich betreuen. Das hängt sehr davon ab, wie groß das Bedürfnis nach einem regelmäßigen Austausch zu einem bestimmten Thema ist und sollte vorher genau überlegt werden.

Alle Online-Marketing-Instrumente, die auch sonst eingesetzt werden, lassen sich auch auf Social Media-Aktivitäten anwenden. Nicht berücksichtigt wurden hier kostenpflichtige Werbeformate wie sponsored Links. Das Bekanntmachen der Social Media-Aktivitäten sollte ein kontinuierlicher Prozess sein, der die ganze Arbeit mit dem Thema begleitet.

Im vierten Teil der Serie geht es um die Erfolgsmessung von Social Media. So viel kann schon verraten werden: Die Zahl der Follower oder Gefällt mir-Angaben gibt wenig Auskunft über den Erfolg.


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Dipl.-Psychologin Maria-Christina Nimmerfroh ist tätig als Fachjournalistin für IT und Medien, als Dozentin in der politischen Erwachsenenbildung und als Lehrbeauftragte an Hochschulen. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Bereich Marketing/Öffentlichkeitsarbeit für Non-Profit-Organisationen, Organisationsentwicklung, Hochschuldidaktik und Wirtschaftspsychologie, insbesondere Markt- und Konsumpsychologie. Im Bereich Online-Lernen ist sie seit 1998 unterwegs und bildet auch selbst Online-Seminarleiter aus. Aktuell hat Maria-Christina Nimmerfroh Lehraufträge an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg am Fachbereich Wirtschaft und an der Bonner Akademie inne und führt für politische Stiftungen Online- und Präsenzseminare durch.