Geschichte(n) erzählen – digitales Storytelling mit Adobe Voice

Digitales Erzählen in der politischen Bildung

"Großvater erzählt eine Geschichte" von Albert Anker CC0 1.0
„Großvater erzählt eine Geschichte“ von Albert Anker CC0 1.0

Die Methode des Storytellings eignet sich, um Teilnehmenden politischer Bildungsveranstaltungen einen niederschwelligen Zugang zu komplexen Thematiken zu ermöglichen.
Das methodische Konzept hinter dem Begriff des Storytellings ist – für den Bildungskontext – relativ schnell erklärt. Es geht um das Erzählen von Geschichten zur Vermittlung von Wissen. Oder anders herum, Wissen und (politische) Bildungsinhalte werden in Geschichten verpackt, transportiert und sind so für Zuhörende leichter zu verarbeiten.

Die Ausgestaltung einer Storytelling Session kann sehr unterschiedlich sein. In den meisten Fällen, aber gibt es viel „Story“ und wenig „telling“. Das tatsächliche Erzählen von Geschichten – besonders im historisch-politischen Bildungskontext – findet selten statt.
In der politischen Bildung spielt Geschichte immer eine wesentliche Rolle. Teilnehmende politischer Bildungsprojekte, egal welchen Alters, werden mit Historie konfrontiert, weil Lehrende vollkommen zurecht davon ausgehen, dass aus dem „Gestern“ Schlüsse auf das „Heute“ und das „Morgen“ gezogen werden können.

Mit dem Internet eröffnen sich eine Vielzahl an kreativen und medienübergreifenden Möglichkeiten des Geschichtenerzählens und des Visualisierens. Einige der digitalen Storytelling Tools wurden auf pb21.de schon vorgestellt. Hier findet man z. B. „Storytelling in der politischen Bildung“, Teil 1 und Teil 2 oder „Storytelling und Würfel – eine Idee für die politische Bildung“. Das wachsende Interesse am digitalen Storytelling führt dazu, dass eine Vielzahl neuer Tools im Internet zur Verfügung gestellt werden. Die Auswahl ist groß und die Tools stellen unterschiedlichste Storytelling-Varianten in den Mittelpunkt. Storehouse zum Beispiel ist eine Plattform auf der Geschichten in Bildern und mit kurzen Videosequenzen visualisiert werden – Storehouse ist damit einem Bildblog nicht unähnlich. Das Webtool Medium erweitert den Storehouse Ansatz, um die Möglichkeit Texte ein- und zwischen die Bilder hinzuzufügen.

Adobe Voice – Grundsätzliches

Screenshot (fällt nicht unter eine freie Lizenz).
Screenshot (fällt nicht unter eine freie Lizenz).

Mit Adobe Voice kommt nun ein Tool dazu, das neue Möglichkeiten bietet. Innerhalb weniger Minuten lassen sich mit Adobe Voice Geschichten mit der eigenen Stimme erzählen und mit eigenen Bildern oder Piktogrammen illustrieren. Bevor die Vor- und Nachteile der App genauer beschrieben werden, soll darauf hingewiesen werden, dass – im Unterschied zu vielen anderen Storytelling Tools – Adobe Voice nur als App für das iPad verfügbar ist. Ein Release der App für andere mobile Betriebsprogramme wie z.B. Android ist vorerst nicht geplant. In Anbetracht der Tatsache, dass es zur Zeit nichts vergleichbares gibt, ist die Plattform-Einschränkung ärgerlich. Die App ist kostenlos und in vollem Umfang nutzbar (die berüchtigten In-App Käufe entfallen komplett). Fertige Geschichten werden nach Passworteingabe ins Netz hochgeladen und können über einen Link in sozialen Netzwerken geteilt werden. Auch das Einbinden in Blogsysteme wie WordPress und tumblr ist über einen Link möglich. Zum Hochladen ist allerdings ein Adobe-Account notwendig. Um einen solchen Account anzulegen ist lediglich eine aktive Emailadresse nötig. Weitere persönliche Daten werden nicht abgefragt. Wie von vielen anderen Tools und Anwendungen erlaubt Adobe Voice aber auch ein Social Media-Login, also das Einloggen mit dem eigenen Facebookaccount.
Adobe stellt im Netz keine Plattform zur Verfügung auf denen bereits veröffentlichte Geschichten über eine Suchfunktion zur Verfügung gestellt werden. Die Geschichten bleiben also an das ursprüngliche iPad gebunden. Grundsätzlich ist aber jede hochgeladene Geschichte öffentlich einsehbar, sofern man den Link zu der Geschichte hat.

Adobe Voice – Handhabung

Screenshot (fällt nicht unter eine freie Lizenz).
Screenshot (fällt nicht unter eine freie Lizenz).

Das erstellen einer Geschichte mit Adobe Voice ist denkbar einfach. Nach der Auswahl eines Templates und der Wahl eines Titels gelangt man auf einen Bildschirm, der an eine Powerpointfolie erinnert. Über Buttons in der Folie kann nun ausgewählt werden, ob auf der Folie ein Bild erscheinen soll oder ein Piktogramm vom Adobe Server. Die Auswahl eines Piktogramms erfolgt ganz einfach über eine Schlagwortsuche – hier ist allerdings Vorsicht geboten, denn die Schlagwortsuche funktioniert nur auf Englisch. Außerdem kann auch Text zu jeder Folie hinzugefügt werden. Online-Inhalte wie Videos, Social Networks oder Links können nicht eingebunden werden. Was Adobe Voice von anderen Tools jedoch unterscheidet ist die Voice-Over Funktion. Die Bilder und Piktogramme in Adobe Voice dienen lediglich der Veranschaulichung gesprochener Worte. Unter jeder Folie findet man einen Record Button. Hält man diesen gedrückt wird die eigene Stimme über das Mikrofon des iPads aufgezeichnet. So entsteht eine Bildergeschichte, die durch das eigene Wort bereichert wird. Zusätzlich bietet das Tool auch die Möglichkeit die Bilder mit Musik zu unterlegen. Man kann hierzu aus verschiedenen Musikkategorien wählen. Der gewählte Sound gilt dabei allerdings für die gesamte Geschichte. Die Anzahl der Folien ist nicht beschränkt, der Nutzer kann über das „+“-Zeichen beliebig viele Folien hinzufügen. Die fertige Geschichte lässt sich dann wie in einem Filmmodus vorführen. Während die eingesetzten Bilder automatisch abgespielt werden, lauscht der Zuschauer gleichzeitig der Musik und dem selbst eingesprochenen Text.

Die Wirkung von Adobe Voice

Man sollte nun nicht glauben, dass Adobe Voice wie eine vertonte PowerPoint-Präsentation daher kommt. Der Einsatz in der außerschulischen Bildung hat gezeigt, dass wir es eher mit einem virtuellen Geschichtenerzähler zu tun haben. Die Kombination aus visueller und audiobasierter Präsentation macht den Reiz des Tools aus. Fertige Produkte erwecken (zumindest visuell) immer den Eindruck, dass etwas professionell „zusammengebastelt“ wurde. Eine weitere Erfahrung ist, dass die Geschichten eine positive Kompaktheit aufweisen. Die Teilnehmenden werden durch das Tool offensichtlich dazu animiert, ihr Thema kurz und klar zu formulieren und zu präsentieren. So kann der Start in ein Thema gelingen, während gleichzeitig neue Anreize für die weitere Auseinandersetzung geschaffen werden. Ob und wie, auch sehr lange und komplexe Geschichten mit Adobe Voice die gleichen positiven Wirkungen erzielen und Zuhörer und Zuschauer binden können, muss in der Praxis noch getestet werden.


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Studienleiter und Mitglied des Leitungsteams der Europäischen Bildungsstätte Europa-Haus Marienberg – Bildungsschwerpunkte: Europäische Jugendbildung thinkeurope, politische Bildung und digitales Lernen / Implementierung von Social Media in die politische Bildung.