Lernen aus der Geschichte

Logo, nicht unter freier Lizenz.
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Seit gut 6 Jahren gibt es das Bildungsportal „Lernen aus der Geschichte“, seit dem Relaunch im Jahre 2009 setzt das Portal auch verstärkt auf Social Media. Worum geht es inhaltlich beim Portal? Welche Zielgruppe hat es? Und wie werden Web 2.0 Tools eingebunden? Diese und weitere Fragen hat uns Birgit Marzinka vom Bildungsportal im Interview beantwortet.

Worum geht es beim Bildungsportal Lernen aus der Geschichte?

Unsere Themenschwerpunkte sind: Nationalsozialismus, Holocaust, die Geschichte des 20. Jahrhunderts, Entwicklung und Präsentation von innovativen Methoden, historisch-politische Bildung in der Einwanderungsgesellschaft, historisches Lernen mit digitalen Medien, historisch-politische Bildung auf internationaler Ebene. Insofern behandeln wir inhaltlich zeithistorische Themen. Außerdem ist der Blick über den Tellerrand für uns sehr wichtig, aus diesem Grund spielen der Bereich „International Diskutieren“, die englischsprachige Version und die spanischsprachigen Beiträge bei uns eine gewichtige Rolle. Ein weiteres wichtiges Thema, das sich aus der Geschichte des Portals erklärt, ist die (internationale) Projektarbeit. So sind auf dem Portal weit über 150 Projektbeschreibungen zu finden.

Was will das Bildungsportal?

Wir möchten mit unseren Beiträgen und Diskussionen die historisch-politische Bildung fördern und eine aktive Teilnahme unserer Zielgruppen am Portal ermöglichen. Die Vernetzung sowie Möglichkeiten der Weiterbildung aufzuzeigen sind wichtige Bestandteile des Portals. Ein weiteres Ziel ist die Förderung eines zeitgemäßen Verständnisses von Lernen. Hierfür sollen Lehrende Möglichkeiten finden und selbst dazu beitragen können. Für uns enthält ein Lernen über die Geschichte immer Vergangenheitsdeutungen, Gegenwartswahrnehmungen und Zukunftserwartungen. Eine gute historisch-politische Bildung vermittelt deshalb nicht nur Informationen über Ereignisse, Namen und Daten. Vielmehr regt sie Lernende an, sich mit der Geschichtskultur auseinander zu setzen, Wissen zu reflektieren und es sinnbildend mit ihrer Gegenwart und ihren Zukunftserwartungen und -wünschen zu verbinden. Um Lehrende in diesen Herausforderung zu unterstützen, werden entsprechende Bildungsangebote auf dem Portal dargestellt bzw. Methoden und Material besprochen.

Das Portal besteht aus vier Bereichen, mögen Sie diese bitte kurz beschreiben?

„Lernen & Lehren“ bietet eine große Sammlung an Unterrichtsmaterialien, Methodenvorschlägen, Projektvorstellungen, Rezensionen von Fachbüchern und Diskussionsbeiträgen für Lehrer/innen und Pädagog/innen. Über die beiden Filter – Themen- und Didaktikfilter – können die über 2.000 Beiträge durchstöbert werden und eine gezielte Suche wird ermöglicht. Darüber hinaus können eigene Projekte vorgestellt und Rezensionen veröffentlicht werden. Über aktuell relevante Themen und Fragestellungen aus der historisch-politischen Bildungsarbeit informiert in diesem Bereich unser „Magazin“, das Sie als Newsletter abonnieren können. Das monatlich erscheinende „Magazin“ enthält zu einem jeweiligen Schwerpunkt Diskussionsbeiträge, Berichte aus der Praxis und Rezensionen von Materialien für die Bildungsarbeit.

In „Teilnehmen & Vernetzen“ können Fragen und Ideen aus der Bildungsarbeit eingebracht werden. Es besteht die Möglichkeit, sich bundesweit und international zu vernetzen und andere Mitglieder zu kontaktieren, Veranstaltungen anzukündigen, Tipps und Tricks weiterzugeben und Wettbewerbe und Förderprogramme vorzustellen oder zu suchen. Um sich aktiv zu beteiligen ist eine Registrierung notwendig.

„Online Lernen“ präsentiert unsere aufgezeichneten Web-Seminare mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis zu relevanten Themen der historisch-politischen Bildung. Zusätzlich bieten wir Podcasts an, die historische Themen oder solche aus der Bildungsarbeit aufgreifen. Zusätzlich zeigen wir Ihnen durch Beispielkurse, wie das Lernmanagementsystem Moodle im Unterricht eingesetzt werden kann.

„International Diskutieren“ ist ein hauptsächlich englischsprachiger Bereich, der durch internationale Fachbeiträge und Projektvorstellungen vielseitige Perspektiven eröffnet. Hier sind alle eingeladen, die eigene Perspektive zu erweitern und Ansätze der historisch-politischen Bildungsarbeit auf internationaler Ebene zu diskutieren und auszutauschen.

Sind die Web-Seminare kostenlos und für jeden zugänglich?

Die Web-Seminare werden von uns kostenlos angeboten und sind für zum Seminar angemeldete NutzerInnen frei zugänglich. Die Anmeldung ist notwendig, damit ein Link zum Web-Seminar verschickt werden kann. Ein Web-Seminar ist ein virtuelles Klassenzimmer, in dem ein Thema präsentiert und diskutiert werden kann. Hierfür steht eine Audio- und eine Videofunktion zur Verfügung, damit die BesucherInnen für alle „sichtbar“ werden können. Aktuell können bis zu 50 Personen an einem Web-Seminar teilnehmen. Wir hoffen mit diesem Angebot über die Orts- und Staatsgrenzen hinweg Themen und Ansätze der Bildungsarbeit zu diskutieren. Bisher ist dies in der historisch-politischen Bildungsarbeit noch ein eher unbekanntes und daher wenig genutztes Format; wir sind bislang die ersten, die Web-Seminare für diesen Bereich anbieten.

An wen richtet sich das Bildungsportal hauptsächlich?

Unsere Zielgruppen sind Lehrkräfte aus Schulen, PädagogInnen aus Museen, außerschulischen Einrichtungen, Institutionen und Stiftungen sowie wissenschaftliche MitarbeiterInnen und ProfessorInnen aus Universitäten und Hochschulen. Wir richten uns somit an PraktikerInnen der Bildungsarbeit und WissenschaftlerInnen, die über die Geschichtsdidaktik und historisch-politische Bildung forschen und lehren.

Wie „Web-Zweinullig“ ist das Angebot? Also: Inwiefern können einerseits BürgerInnen nicht nur Informationen abrufen, sondern sich selber einbringen? Wie gehen Sie andererseits mit dem Kontrollverlust um, denn auf Ihrer Website tauchen sicher auch Inhalte Dritter auf, die nicht immer mit Ihren Positionen übereinstimmen?

Auf dem Portal kann man sich registrieren und somit Beiträge kommentieren und selbst einreichen, hierfür werden entsprechende Formulare bereitgestellt. Aktuell haben sich mehr als 600 Personen registriert, die aktive Teilnahme könnte aber weitaus höher sein. Auch das LaG-Magazin ist mit seinem Call for Papers für die NutzerInnen offen und es können Beiträge eingereicht werden; diese Möglichkeit wird inzwischen auch sehr gerne genutzt. Weiterhin möchten wir mit unseren Web-Seminaren die NutzerInnen direkt einbeziehen. Wie bei anderen Bildungsportalen auch, unterliegen die Beiträge vor ihrer Freigabe einer redaktionellen Kontrolle. Hinsichtlich der Position der Beitragenden veröffentlichen wir diese, sofern sie nicht Menschen oder soziale Gruppen diskriminieren. Als Bildungsportal verstehen wir uns als ein überinstitutionelles Angebot, das Kontroversen und verschiedene Meinungen zulässt. Bisher hatten wir in dieser Hinsicht auch kaum negative Erfahrungen.

Interessant für unsere LeserInnen ist natürlich auch der Blick hinter die Kulissen: Wie organisieren Sie Ihre Arbeit? Mit welchen Tools, welchem CMS arbeiten Sie?

Wir sind ein recht kleines Team von insgesamt vier Personen; zwei wissenschaftliche MitarbeiterInnen und zwei studentische arbeiten mit. Die Arbeitsstunden zusammen gerechnet ergeben kaum mehr als eine volle Stelle. Der insgesamt geringe Stundenumfang macht sich an manchen Punkten wie dem Support und der Weiterentwicklung immer wieder bemerkbar. Wir haben uns 2009 beim Relaunch für das Drupal Content Management System entschieden, da dieses die Communityfunktionen sehr gut unterstützt und es sich wie in einem Baukastensystem je nach Bedarf zusammensetzen lässt. Bei der Grafik haben wir uns für einen gezielten Einsatz von Bildern entschieden, d. h. die Bilder tauchen nur dort auf, wo sie auch wirklich zusätzliche Informationen anbieten und nicht nur ein grafisches oder schmückendes Element sind. Dadurch wirkt das Portal eher textlastig, diese Gestaltung wird aber von NutzerInnen immer wieder positiv hervorgehoben, da sie auch eine gewisse „Ruhe“ in das Portal hineinbringt. Ein weiteres wichtiges Angebot, neben unseren Textbeiträgen, sind die Podcasts, hauptsächlich aus Beiträgen des öffentlich-rechtlichen Hörfunks zusammengetragen und in geringerem Maße auch durch eingebettete Videopodcasts ergänzt. Manchmal führen wir auch selbst Audio-Interviews zu Themen der historisch-politischen Bildung und veröffentlichen diese als LaG-Podcasts. Podcasts stellen eine zeitgemäße und zunehmend genutzte Informationsquelle dar und bieten hervorragende Möglichkeiten der informellen Weiterbildung – ein für uns wichtiges Angebot.

Wie halten Sie es mit externen Diensten wie Twitter, Facebook, Youtube etc?

Durch den Relaunch im letzten Jahr haben wir begonnen, verstärkt soziale Netzwerke einzubinden. Wir bewegen uns hauptsächlich auf Twitter und Facebook und veröffentlichen dort all unsere neu geposteten Beiträge. Youtube verwenden wir weniger, da wir keine Videofilme produzieren, sondern nur Audios. Ansonsten veröffentlichen wir unsere LaG-Magazine noch auf Slideshare. Andere soziale Netzwerke bedienen wir bisher nur wenig, möchten aber diesen Bereich gern ausbauen. Für ein überinstitutionelles Webportal, denke ich, reicht es inzwischen nicht mehr aus, sich auf das eigene Angebot zu beschränken, sondern die Einbindung von sozialen Netzwerken wird immer wichtiger. Doch auch die Präsenz bei professionellen Netzwerken im Internet wird wichtiger und es werden weitere entstehen. Die historisch-politische Bildung steht diesem Medium bisher eher kritisch gegenüber, doch meines Erachtens wird sich dies in den nächsten fünf Jahren verändern.

Wenn Sie sich in punkto politische Bildung und Web 2.0 etwas wünschen könnten, was wäre das?

Das Web 2.0 bietet viele Möglichkeiten der kreativen Bildung und weitere Kommunikationsmöglichkeiten an, die oft nicht genutzt werden, dies gilt für die historische Bildung stärker als für die politische. Hier wünsche ich mir mehr Aufgeschlossenheit und aktive Teilnahme. Dies bedeutet nicht, dass Präsenzveranstaltungen an Bedeutung verlieren, sondern, dass digitale Medien verstärkt in die Bildungsarbeit einbezogen werden sollten. Ein großes Problem in der Bildungsarbeit mit digitalen Medien sind die Urheberrechte, die ein gezieltes Einbinden von Medien oft verhindern. Meines Erachtens sollten Medienprodukte und -angebote öffentlicher Einrichtungen bzw. aus öffentlich geförderten Projekten für die Bildungsarbeit frei zugänglich sein und mit der Creative Commons Licence versehen werden. Dies würde die Erstellung didaktischen Materials im Internet, wie Webquests. um einiges erleichtern.


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Freiberuflerin im Bereich Medien und Kommunikation, Dozentin in der Erwachsenenbildung insbesondere im Bereich politische Bildung, Web 2.0 und Videotraining, Producerin von (Web-)Videos und anderen Web 2.0 Inhalten.