Praxisbeispiel Opendata: Eine Landkarte der politischen Bildung

… und wie sie entstanden ist

Politische Bildung heißt Informationen unter verschiedenen Perspektiven zu bewerten. Dabei spielt bekanntlich die Darstellung und der Zusammenhang, in den die Informationen gestellt werden, eine erhebliche Rolle für die Intepretation. In diesem Artikel soll anhand der Landkarte zur politischen Bildung deutlich werden, wie sich die Interpretation der Daten verändert, wenn sie in den Kontext einer Karte gestellt werden. Was bringt die Auseinandersetzung mit den Daten in Seminaren der politischen Bildung, und wie kann dies sogar einen gesellschaftlichen Mehrwert ermöglichen. Im Praxisbeispiel stellen wir vor, wie aus einer Liste eine interaktive Karte entsteht. Einige Grundlagen zu Opendata im Seminareinsatz haben wir auf pb21 bereits beschrieben.

Solche Datenanalysen bieten sich für Seminare an, in denen statistische Quellen zur Untermauerung von Thesen herangezogen werden. Neben einem PC mit Internetanschluss kann eine installierte Tabellenkalkulation (Calc oder Excel) hilfreich sein und die Daten bearbeiten zu können. Denkbare Themen könnten Extremismus in Deutschland sein, oder auch Kinderarmut im europäischen Vergleich. Entscheidend ist aber nicht nur die Daten entsprechend aufzubereiten, sondern auch zu intepretieren.

Praxisbeispiel: Wie aus einer Liste mit Veranstaltern der politischen Bildung eine Landkarte wird

  1. Die Datengrundlage ist zum einen die Übersicht der Veranstalter der politischen Bildung in Deutschland und zum anderen die der Träger auf der Webseite der bpb. Dort sind die Daten allerdings nach Anfangsbuchstabenräumen geclustert worden. Es wird jedoch eine Liste aller Anbieter benötigt. Also müssen von allen Bereichen die Veranstalterdaten per copy und paste in einen Editor kopiert werden. In der Wikipedia wurde eine Liste mit unterschiedlichen Anbietern einer solchen Editor-Software zusammengestellt. Anschließend müssen die Daten in ein sog. cvs-Format konvertiert werden. Hierzu ist ein wenig Handarbeit erforderlich.
  2. Eine csv-Datei ist eine Tabelle, die in einem Texteditor lesbar und bearbeitbar ist. Statt einzelner Zellen, werden hier die Daten mit einem Textzeichen voneinander getrennt. Das kann ein Komma, ein Strichpunkt oder auch eine Raute sein. Das Dateiformat ist damit allgemein gültig und nicht nur von einer bestimmten Software zu lesen. Bei der Umwandlung einer Text- in eine csv-Datei kann in dem vorliegenden Beispiel sehr vieles mit „Suchen und Ersetzen“ automatisiert werden. Ein Beispiel (es wurde hier der erste Datensatz beispielhaft ausgewählt) statt

    AABF-Alevitische Gemeinde Deutschland
    Stolberger Str. 317
    50933 Köln
    Tel.: 0221 94985622
    E-Mail: ismail [dot] kaplan [at] alevi [dot] com
    Internet: www.alevi.com

    soll dort im Ergebnis

    AABF-Alevitische Gemeinde Deutschland;Stolberger Str. 317, 50933 Köln;0221 94985622;ismail [dot] kaplan [at] alevi [dot] com;www.alevi.com

    stehen, also soll z.B. „Tel.: “ jedesmal durch „;“ ersetzt werden. Ausserdem müssen alle Umbrüche entfernt werden. Für jeden der Buchstabenblöcke muss diese Arbeit gemacht werden, anschließend müssen alle Ergebnisse zu einer Datei zusammenkopiert werden. Dabei entsteht eine Textdatei mit 389 Zeilen in der alle Anbieter politischer Bildung zu  finden sind.

  3. Die Datei wurde für einen Dienst namens Batchgeo optimiert. Wir hatten diesen schon im Zusammenhang mit „Opendata im Seminareinsatz“ vorgestellt. Der Dienst nutzt die Adressen um diese massenhaft auf einer Karte zu verorten. Dazu muss die vorher erstellte csv-Datei in den Textbereich kopiert werden. Danach werden die Daten überprüft. Man kann dann noch den einzelnen Spalten Überschriften zuordnen, damit die anschließend auf der Karte erscheinenden Sprechblasen übersichtlich gegliedert sind.
  4. Als Ergebnis werden dann alle Datensätze auf einer Karte ausgegeben. Die Kreise deuten darauf hin, das dort besonders viele Veranstalter politischer Bildung verortet wurden. Je weiter man in die Karte zoomt, umso konkreter werden die Ergebnisse. Im Suchfeld oben rechts können Einrichtungen in ihrer Nähe gesucht werden. Wenn einzelne Fähnchen sichtbar werden, können durch einen Klick die in der csv-Datei hinterlegten Daten angezeigt werden. Im Fall der aufbereiteten bpb-Liste sind Adresse, Telefonnummer des Veranstalters, E-Mail und die entsprechende Webseite hinterlegt.

Was ist zu beachten?

  • Es sollten keine personenbezogene Daten verwendet werden.
  • Die Daten müssen Zeile für Zeile überprüft werden, häufig werden durch das automatisierte „Suchen und Ersetzen“ in inkonsistenten Datenbeständen Zeichen gelöscht, die den Datensatz unverständlich machen. Wird z.B. keine Webadresse angegeben, kann es in diesem Beispiel zu Problemen führen.
  • Beim Ersetzen muss der Zeilenumbruch mit gelöscht werden, da ein Zeilenumbruch immer einen neuen Datensatz einleitet. Da der Ausgangsdatensatz aus recht vielen Zeilenumbrüchen besteht, muss darauf geachtet werden, dass all diese gelöscht werden.
  • Die Karten beruhen auf den Karten von Google Maps und unterliegen somit auch entsprechenden Lizenzen.

Was kann gelernt werden?

Während der Produktion einer eigenen Karte findet eine intensive Beschäftigung der Teilnehmenden mit jedem einzelnen Datensatz statt. Sie bekommen ein Gespür für die Unterschiede und Gemeinsamkeiten. So wird z.B. schnell klar, dass es sich bei den Veranstaltern der politischen Bildung keineswegs nur um die durch die bpb geförderten Einrichtungen handelt, sondern auch um alle politischen Stiftungen und sonstigen Institutionen in der politischen Bildungslandschaft. Man kann alle Landeszentralen finden und bemerken, dass nicht jedes Bundesland eine Landeszentrale für politische Bildung hat. Es fällt auch auf, dass unter den Veranstaltern sehr viele zu finden sind, die sich explizit nur an Jugendliche richten. Die Auseinandersetzung befördert also auch das Verständnis der Struktur der politischen Bildung in Deutschland. Man wird aber auch eine ganz Reihe an hoch spezialisierten Instituten kennenlernen. Was die Benennung politischer Bildungseinrichtungen angeht, kann man grob 3 Blockbuster resümieren: Akademien, Bildungsstätten, Bildungswerke.

Während der Kontextualisierung der Datensätze fangen die Teilnehmeden auch an, weitergehende Fragen zu formulieren:

  • Wieviele Veranstalter gibt es pro Bundesland? Wie sind diese verteilt?
  • Wie ist das Verhältnis von dezidierten Jugendeinrichtungen zu denen der Erwachsenenbildung?
  • Welche dieser Einrichtungen werden von der bpb finanziell unterstützt?

So entsteht ein exploratives Lernfeld, in dem die digitale Umsetzung nur ein Teil des Erkenntnisgewinns sind, ein weit größerer sind die weitergehenden Fragen, die die Teilnehmenden zu einem Telefongespräch motivieren oder auch nur eine Mail an einen Verantwortlichen zur Beantwortung erfordert.

Mehrwert für die Gesellschaft

Würden die im Seminar erstellten Karten öffentlich zur Verfügung gestellt, könnten die Teilnehmenden somit ihre Erkenntnisse den Bürgern zur Verfügung stellen. So kann die neu erzeugte Primärquelle für andere zur Grundlage für weitere Interpretationen und Erkenntnisse genutzt werden. Zum Beispiel führt der Link http://batchgeo.com/map/landkarte_politische_bildung bei der Eingabe in ein Smartphone in Kombination mit dem aktuellen Standort seiner Besitzerin zur Angabe politischer Veranstalter in der Umgebung.

Durch die Livesuche können auch die Einrichtungen gefunden werden, dessen Name vage bekannt ist. Es können z.B. alle Niederlassungen der Konrad-Adenauer-Stiftung gefunden werden, die auch als Veranstalter von der bpb gelistet werden, ebenso alle Einrichtungen des Anbieters Arbeit und Leben.

Weiteres Beispiel: Der Guardian

Das Opendata-Blog des Guardian veröffentlicht in regelmäßigen Abständen nicht nur interessante Analysen sondern auch die zugrundeliegenden Datensätze. So wurde nach der AKW-Katastrophe in Japan eine Liste mit allen AKWs weltweit veröffentlicht. Diese Daten lassen sich auf Deutschland reduzieren und dort mit weiteren Informationen anreichern, sicherlich auch ein interessantes Seminarprojekt, von dem wiederum die Bürger profitieren könnten.

Über ihre Meinungen, Erfahrungen und Ideen aber auch Ergänzungen und weiteren Fragen zum Beitrag freuen wir uns sehr.

Der gesamte hier vorgestellte Datensatz kann als csv-Datei oder als kml-Datei (für z.B. Googlemaps und Google Earth importierbarer Dateistandard) für weitere Analysen heruntergeladen werden.


Creative Commons Lizenzvertrag Dieser Artikel steht unter der CC-by-Lizenz (mehr dazu). Der Name des Autors/Rechteinhabers soll wie folgt genannt werden: CC-by-Lizenz, Autor: Guido Brombach für pb21.de.

Guido Brombach arbeitet als Bildungsreferent für das DGB Bildungswerk. Dort ist er verantwortlich für den Bereich Digitale Kommunikation, Lernen und Medien. Er bemüht sich um die Harmonisierung zwischen der analogen und der digitalen Welt.