Webschau April 2011

Grafik von Ralf Appelt für pb21.de unter CC BY 3.0 DE
Grafik „Webschau“ von Ralf Appelt für pb21.de unter CC BY 3.0 DE.

Das alljährliche Großereignis in der deutschen Internet-Welt ist die re:publica. Wir berichten unten über das Echo auf die Berliner Konferenz. Zu den für #pb21 interessanten Inhalten wird es eine Extra-Ausgabe der Webschau geben.

Lesetipp: Wie unsere Netzaktivisten sein sollten

Eine der wohl wichtigsten Nachrichten von der diesjährigen re:publica ist, dass eine Bürgerrechtsorganisation für das Netz gegründet wurde. Der „Spiegel“ findet, dass es höchste Zeit dafür ist: Mehrere spiegelonline-Autoren formulieren Forderungen an die Initiative „Digitale Gesellschaft“. Doch es gibt auch deutliche Kritik. Mehr dazu am Ende dieser Webschau.
#digitalegesellschaft #republica


Kurzmeldungen

Was ist das überhaupt, die re:publica?

„Man hat das Bedürfnis auch mal einen Kaffee oder ein Bier zusammen zu trinken.“ So banal lässt sich der Auslöser zur ersten re:publica beschreiben. Wer in der digitalen Welt zusammenarbeitet und sich venetzt, möchte sich auch mal physisch treffen. Andreas Gebhard und Markus Beckedahl verweilen im Video-Interview des „Netzdebatten“-Blogs der Bundeszentrale für politische Bildung aber nur kurz in dieser Frühgeschichte der „Konferenz über Blogs, soziale Medien und die digitale Gesellschaft“. Denn sie sehen den roten Faden in der Frage: Was kommt eigentlich als Nächstes?
#republica #netzdebatte #beckedahl #gebhard

Big Brother Award für Facebook

„Der BigBrotherAward 2011 in der Kategorie ‚Kommunikation‘ geht an die Facebook Deutschland GmbH für die gezielte Ausforschung von Menschen und ihrer persönlichen Beziehungen hinter der netten Fassade eines vorgeblichen Gratisangebots.“ Der gesamte Laudatio-Text ist nachzulesen auf bigbrotherawards.deSehen und hören kann man ihn auch.
#bigbrotheraward #datenschutz #facebook

Vergessen im Netz: Mit der Vergangenheit die Zukunft kontrollieren

Die Bundesregierung hat den Ideenwettbewerb „Vergessen im Internet“ eröffnet und die zugehörige Internet-Plattform freigeschaltet. Der Wettbewerb markiert den Auftakt einer Reihe von Veranstaltungen, mit der das Bundesinnenministerium „aktive Netzpolitik“ betreiben will. (Meldung auf heise.de)
#vergessen #internet

Wie politisch ist das japanische Internet?

Ein Hörbeitrag zu Netzkultur und Netzaktivismus in Japan: Das Land hat eine lebendige Blogsphäre, viele Schreiber, viele Leser. Eine umstrittene Informationspolitik und Intransparenz im Angesicht einer nuklearen Katastrophe böten genug Anlass für Aktivisten. Doch es gibt kaum welche. (Ein Beitrag auf breitband.dradio.de)
#japan #netzaktivismus #netzkultur

Justizministerin: „Sicherheitspolitiker beschleicht Angst vor Kontrollverlust“

Das Zugangserschwerungsgesetz („Netzsperren“) ist vom Tisch. Jetzt wird wieder verstärkt über die Einführung von Vorratsdatenspeicherung diskutiert: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bezeichnet sie als „verzweifelte Versuche“ der politischen Besitzstandswahrung. Sicherheitspolitiker beschleiche angesichts der digitalen Revolution „die Angst vor dem Kontrollverlust“. (Artikel auf heise.de)
#sicherheit #internet #netzsperren #vorratsdatenspeicherung

Bundestagsanalyse: Vorratsdatenspeicherung hilft Ermittlern nicht wirklich

Eine Sachstandsanalyse des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags (Az.: WD 7 3000 036/11) hat in der EU keine Hinweise dafür gefunden, dass eine verdachtsunabhängige Protokollierung von Nutzerspuren den Ermittlern nachweisbar bei ihrer Arbeit hilft. (Artikel auf heise.de)
#sicherheit #internet #vorratsdatenspeicherung #aufklaerungsquote

Freedom House-Studie: Gefahren für Freiheit im Internet nehmen zu

„Im vergangenen Jahrzehnt hat die Rolle des Internets für die Verbreitung von Informationen und die Infragestellung von Regierungen kontrollierter Medien ständig zugenommen. Aber während immer mehr Menschen das Internet zur Kommunikation, zur Informationsbeschaffung, für ihre sozialen Kontakte und für Geschäfte nutzen, haben auch Regierungen ihre Bemühungen verstärkt, das Internet zu regulieren und in einigen Fällen sehr strikt zu kontrollieren“. (Artikel auf heise.de, auch spiegelonline berichtet)
#freiheit #internet


Digitale Gesellschaft e.V. – Schlagkraft vs. Offenheit?

„Herzlichen Glückwunsch, Digitale Gesellschaft!“ Längst überfällig sei die Gründung der „Digitalen Gesellschaft“, sagt der CDU-Abgeordnete Peter Tauber und begrüßt die Initiative in einem Gastbeitrag auf carta.info. Kritik hat er aber auch anzumelden (und er ist nicht der einzige): Sie tarne sich als lediglich als Bürgerbewegung – in Wirklichkeit ist sie die Lobbyorganisation einer selbst ernannten „Elite“, die ihren eigenen Transparenzansprüchen nicht gerecht wird. Es seien „eben nicht die normalen durchschnittlichen User, die hier zu Wort kommen.“

Auf der FAQ-Seite des Vereins wird die Kritik aufgegriffen: „Noch eine Mailingliste, noch ein Wiki, noch ein Adhocracy? Das würde unserer Ansicht nach die bestehende Bewegung nur verwässern. Deshalb haben wir uns Austausch, Diskussion und Basisarbeit nicht als Hauptaufgaben für diesen Verein gewählt.“

Weitere Berichte sehen die gewählte Struktur als Schlüssel zum Erfolg. Das von den Gründern der „Digitalen Gesellschaft“ gewählte Organisationsmodell wird mit dem von Greenpeace verglichen: Markus Beckedahl und die 15-20 (die Angaben schwanken) anderen Gründungsmitglieder wollten eine professionelle Struktur schaffen, um Proteste und Lobbyismus für netzpolitische Themen zu organisieren. Der Spiegel schreibt beispielsweise: Die Netzpolitik-Szene sei bislang ein Club von Freiwilligen an der Belastungsgrenze. Ein Ziel sei es nun, die Arbeit auf mehreren Schultern zu verteilen. „Mit der ‚Digitalen Gesellschaft‘ wollen sie sich nun einmischen in den Politikbetrieb, wollen Gesetzesvorhaben zu Urheberrecht, Vorratsdatenspeicherung oder Netzneutralität kritisch begleiten – und Massenproteste organisieren, wenn nötig.“

… mehr re:publica

Aber es gab selbstverständlich noch mehr Stimmen zur diesjährigen re:publica. Der Spiegel beobachtet, dass sich die Netzgemeinde zunehmend zersplittert. Aufgefallen ist den Berichtenden fast durch die Bank, dass es mehr Frauenthemen gegeben hat. Ein schönes Interview mit Jakob Augstein gibt es bei Cicero zu lesen: „Die Bloggerkonferenz re:publica – kein Ort für Kulturpessimisten“, u.a. geht es darin um den Blick auf „die Blogger“ die Zukunft des Journalismus.
#tauber #digitalegesellschaft #kritik #transparenz #beckedahl #frauen #kulturpessimismus


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Der Artikel (Text) auf dieser Seite steht unter der CC BY 3.0 DE Lizenz. Der Name des Autors soll wie folgt genannt werden: Ute Demuth für pb21.de.
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... interessiert sich dafür, wie sich die wandelnde Mediennutzung und Kultur, Gesellschaft und Politik gegenseitig beeinflussen. Seit Ende der 90er ist sie als Freiberuflerin in der politischen Erwachsenenbildung unterwegs und arbeitet zum Beispiel für das Forum Politische Bildung des DGB Bildungswerks. Außerdem schult und berät sie Betriebs- und Personalräte zum Thema Öffentlichkeitsarbeit und zum Einsatz elektronischer Medien. Sie veröffentlicht regelmäßig zu ihren Themen.